Erklingt die Stimme von Ettore Lovecchio, besser bekannt als Raoul, ist das üblicherweise der Auftakt zu wenig heiligen Aktivitäten. Von ihm herzhaft vorgetragene Songs sind in (mindestens) fünfzehn Italowestern zu hören.

Über Leben und Werk des guten Mannes ist leider nur herzlich wenig herauszufinden. Er war wohl Mitglied bei den Cantori Moderni di Alessandroni, dann in den späten 1960er-Jahren als Solosänger an diversen Soundtracks beteiligt und während der 1970er-Jahre als Schauspieler aktiv (in Meisterwerken wie Oben ohne, unten Jeans oder Zwei Supertypen räumen auf). Jetzt soll er angeblich eine Boutique für orientalische Kleidung in Rom besitzen. Mehr gibt es nicht …

Über sein Œuvre zu schreiben ist nicht ganz leicht, weil auch da nur sehr wenige zuverlässige Informationen zu bekommen sind. Ich führe im Folgenden alle Filme an, für die er laut Spaghetti Western Database den Titelsong intoniert hat – und obwohl auch sie nicht immer ins Schwarze trifft, ist die SWDb die bei Weitem zuverlässigste Quelle in Bezug auf Italowestern. Die deutsche Wikipedia beispielsweise schreibt das eröffnende Lied in Alfonso Balcázars Für ein paar Leichen mehr Raoul zu, die SWDb tut dies nicht – richtigerweise, wie Compañero M. (mg) meint, der in solchen Dingen eigentlich immer recht hat: »Das hört man schon am Akzent.« Wie auch immer, genug theoretisiert, rein ins Vergnügen: Raouls Filmsongs in chronologischer Reihenfolge.

1965

I quattro inesorabili (Die vier Geier der Sierra Nevada)

Im ersten Film, für den Raoul aktiv wurde, spielt Adam West einen Ranger, der sich mit einem gekonnt zusammengeknoteten Klettergeschirr aus einem ziemlichen Schlamassel befreien kann. Heiliger Seemannsknoten! Der Song kommt recht klassisch daher, erinnert stark an US-Vorbilder und wird noch von einem Chor beherrscht – vielleicht den oben erwähnten Cantori Moderni di Alessandroni. Die Musik stammt von Marcello Giombini. Im Vorspann gibt es keine Credits zum Lied.

Ranger, where are you running now?
Ranger, what is worrying you?

1966

Arizona Colt (Halleluja, Compañeros)

Dieser Film ist ein erster Höhepunkt für Raoul: Er steht mit seiner Stimme im Vordergrund, der Chor tritt ins zweite Glied. Im Nachspann (für den Vorspann hat es noch nicht ganz gereicht) wird dem auch Rechnung getragen: »La canzone ARIZONA COLT | di NHORA [sic!] – DE MASI | è cantata da RAOUL.« Im Lied selbst wird wieder einsam geritten:

He came out of nowhere
With no one beside him
He rode out of the sunrise all alone

1967

Sette winchester per un massacro (Die Satansbrut des Colonel Blake; Seine Winchester pfeift das Lied vom Tod)

Bevor die Winchester das Lied vom Tod pfeift, wird zum Vorspann gemeinerweise nur die Instrumentalversion abgespielt, aber immerhin schon darauf hingewiesen, dass unser Mann noch »Seven Men« zum Besten geben wird (allerdings wirklich erst ganz am Ende, als sich der Held von seiner Holden verabschiedet und wieder alleine davonreitet). Das flotte Lied ist wieder aus dem Hause De Masi, der Text stammt unverkennbar abermals von Audrey Nohra.

Trouble will come
Trouble will come
Trouble will come

Da uomo a uomo (Die Rechnung wird mit Blei bezahlt; Von Mann zu Mann)

Die beklemmende Atmosphäre dieses sehr harten Italowesterns von Giulio Petroni wird nicht zuletzt durch den intensiven Soundtrack von Ennio Morricone erreicht. Als Version mit Solostimme kommt der Song »Death Rides a Horse« im Film gar nicht vor (sondern nur die von den Cantori Moderni di Alessandroni interpretierte – die dafür auch in Quentin Tarantinos Kill Bill). Der Text stammt von einem anderen Großen der Zunft – Maurizio Graf.

Vado … l’ammazzo e torno (Leg ihn um, Django)

»Stranger« kommt wieder ganz klassisch mit großem Orchester, ein wenig Mundharmonika und ganz viel Gefühl daher. Der Text stammt von Giulia De Mutiis, der Ehefrau Alessandro Alessandronis, der seinerseits gemeinsam mit Francesco De Masi die Melodie komponierte.

Stranger, stranger, who knows your face?
Stranger, stranger, what is your name?

Quindici forche per un assassino (Die schmutzigen 13)

Beim recht konventionellen »Will You Be Mine?« bin ich auf die Informationen der IMDb angewiesen, die den Song Francesco De Masi zuschreibt und als Interpreten Raoul angibt.

1968

Dos cruces en Danger Pass

Laut spanischem Vorspann stammt die Musik von Francesco De Massi [sic!], zum Titelsong wird allerdings nichts angemerkt.

… e venne il tempo di uccidere (Einladung zum Totentanz)

»A Man Alone« ist zum Vorspann zu hören und wird dort auch Raoul zugeschrieben. Der Text stammt wieder von Giulia De Mutiis, die Melodie von Francesco De Masi.

A man walks all alone
Cold is the day and dark is the night
His eyes don’t see the moon above
He is no more a man but a shade

Odia il prossimo tuo (Hasse deinen Nächsten)

Der sehr melancholische Vorspannsong heißt lustigerweise »Two Friends«. Ob er wie die restliche Filmmusik von Robby Poitevin stammt und wer für den großartigen Text verantwortlich ist, konnte ich leider nicht herausfinden.

Two friends …
One is young and the other is old

Il momento di uccidere (Django – ein Sarg voll Blut)

Das lebensbejahende, optimistische »Walk by My Side« wird zum Vorspann gegeben und mit allen Credits erwähnt. Wieder einmal die bewährte Frau-/Mannschaft Giulia De Mutiis, Alessandro Alessandroni, Francesco De Masi und Raoul.

Walk by my side
You’ll find, you’ll find a piece of your soul
Don’t look no more
You will not be sad
’cause you don’t know yet what awaits

Quanto costa morire

Auch »Who Is the Man?« wird zum Vorspann gesungen und mit allen Credits erwähnt, ebenfalls Giulia De Mutiis, Alessandro Alessandroni, Francesco De Masi und Raoul. Orchester, Trompeten – auf geht’s …

Who is the man
That will face alone his enemy
Without thinking to use his gun
And accomplish his revenge?

Anche nel West c’era una volta Dio

Ein sehr melodramatisches »Heart of Stone«, das zum Vor- und Abspann gespielt und wie folgt erwähnt wird: Melodie: Carlo Savina; Text: Giulia De Mutiis; Gesang: Raoul (zu hören ab Minute 3).

Ammazzali tutti e torna solo (Töte alle und kehr allein zurück)

Wenn der Mann mit der eisernen Maske, also Chuck Connors, schon mal die Hauptrolle in einem Italowestern übernimmt, muss ein ordentlicher Kracher her: »Gold« – Melodie von Maestro De Masi, Text wieder einmal von Audrey Nohra.

1969

Testa o croce (Blutrache einer Geschändeten; Nacht der Rache)

Filmmusik von Carlo Savina, Raoul singt zum Vorspann »Arizona Is Waiting«.

1971

Quel maledetto giorno della resa dei conti (Django – Tag der Abrechnung)

Reprise von »Walk by My Side« aus Il momento di uccidere.