Todesmarsch der Bestien - Cut-Throats Nine - Condenados a vivir

Condenados a vivir (wörtlich: »Zum Leben Verurteilte«, deutscher Titel: Todesmarsch der Bestien) von Joaquín Romero Marchent ist ein Splattghettiwestern aus dem Jahr 1971, an dem sich die Geister ganz ordentlich scheiden. Für die einen wilder Trash, ist er für die anderen ein Kultfilm gleich zweier Genres.

In a cavern, in a canyon
Excavating for a mine
Dwelt a miner, forty-niner
And his daughter Clementine

Irgendwo in der Nähe von Golden Sand(s), mitten in den Rocky Mountains, Winter. Ein von sechs Kavalleristen – vier Reitern und zwei Kutschern – eskortierter Planwagen ist mit sieben Kettensträflingen, Sergeant Brown (Robert Hundar) und dessen Tochter Kathy (Emma Cohen) auf dem Weg ins vierhundert Meilen entfernte Fort Green.

Schon während des Vorspanns, der mich entfernt an jenen von The Wild Bunch erinnert, wird klar, dass es für diese Reise keine Hoffnung geben kann, alle Mitfahrenden von Anfang an todgeweihte Passagiere des Schicksals und ihrer Triebe sind. In Form eines inneren Monologs deutet Sergeant Brown seine Geschichte an, vor allem, dass in Golden Sand(s) Schreckliches passiert sein muss: “I can’t really say I have a lot of good memories of my stay there, but one thing’s sure, in Golden Sand a big important part of me was left and buried.” Er erklärt, dass er nicht an den Erfolg des Unternehmens glaubt, und stellt uns die Gefangenen vor.

Todesmarsch der Bestien - Cut-Throats Nine - Condenados a vivir

»Dick Patterson [Rafael Hernández], ein übler Typ, es gibt kein Verbrechen, vor dem er zurückgeschreckt wäre. Lebenslänglich zum Kettensträfling verurteilt.
Joe Farrow [»el comanchero« {Ricardo Díaz}], der Hinterlistigste, Blutrünstigste von allen. Begann damit, Indianer zu skalpieren, machte später selbst vor den eigenen Brüdern nicht halt. Mord war sein Geschäft und sein Hobby. Kettensträfling lebenslang.
Slim [Carlos Romero Marchent, Bruder des Regisseurs], eine Natter. Ein mieser, hundsgemeiner Mörder und Verräter. Kettensträfling lebenslang.
Ray Brewster, die Fackel [Antonio Iranzo]. Betrüger, Dieb, Killer. Kettensträfling lebenslang.
Thomas Charlie Laurence, Spinner-Tom [Dandy Tom {Alberto Dalbes}]. Spieler, Hochstapler, Erpresser, Mörder. Zu Schwerstarbeit verurteilt, lebenslang.
John ›Wiesel‹ McFarland [José Manuel Martín], Raubüberfall, Vergewaltigung, Mord. Er ist allerdings verrückt. Trotzdem – lebenslang.
Dean Marlowe [Manuel Tejada]. Weswegen der hier ist, weiß niemand. Auf alle Fälle auch zu Schwerstarbeit verurteilt, lebenslang.«

Mit an Bord die blasse, elfenhafte Tochter des Sergeants.

Light she was and like a fairy
And her shoes were number nine
Herring boxes, without topses
Sandals were for Clementine

Todesmarsch der Bestien - Cut-Throats Nine - Condenados a vivir

Schon nach wenigen Kilometern dann der erste Zwischenfall: Überfall. Eine irre und extrem brutale Redneckfamilie* vermutet einen Goldtransport, findet aber nur die mit Fußfesseln aneinandergeketteten Häftlinge vor. Kaltblütig bringt die von Ole Buddy (Xan das Bolas [d. i. Tomás Ares Pena]) angeführte Bande vier der sechs Begleitsoldaten um und jagt den Planwagen davon.

Todesmarsch der Bestien - Cut-Throats Nine - Condenados a vivir

Das führerlose Gefährt stürzt nach kurzer, wilder Fahrt ein Tal hinunter; es wird jedoch nur einer der Insassen, Slim, verletzt, das Gefährt ist allerdings völlig zerstört und unbrauchbar.

So machen sie sich zu neunt zu Fuß auf den Weg durch die Rockies.

Spätestens an diesem Punkt werden beim Zuschauer erste Zweifel an dem ganzen Unterfangen und dessen Motivation geschürt. Zunächst die Andeutungen im Vorspann, dann der in den Unfall hineingeschnittene, zweite Flashback des Films, in dem wir einen glücklichen Sergeant Brown mit Tochter und Frau sehen. Und warum entfernt sich die Truppe von der Straße und wählt eine Route quer durch die Wildnis? Weshalb tut Sergeant Brown das? Warum kehrt er nicht einfach um? Golden Sand(s) ist nicht mehr als eine Stunde entfernt. Nein, er will offensichtlich um jeden Preis mit den Männern allein sein. Die wiederum fassen Mut, sind guter Laune und intonieren ihre Version von »Oh My Darling, Clementine«:

Pig named Brown

You will find him right behind us
Till Fort Green or some small town
Hard long miles, black long nights
That he’ll try so hard to endure
But if he winks or blinks his eye
Forget Fort Green, he’s just manure

Oh my darling, oh my darling
Oh my darling, pig named Brown

If he turns his back on anyone of us
Then the sarge will be struck down
[Unverständlich]
But only God above knows why
If he remains the way he treats us
Then watch out, ’cause Brown, you’ll die

Oh my darling, oh my darling
Oh my darling, pig named Brown

You’ll always find him right behind us
Like a vulture circling round

Offensichtlich war Brown ein ziemliches Schwein als Aufseher. Später im Film wird das noch deutlicher, als Ray Brewster zu ihm meint: “A man like you deserves a sentence, too.”

Jedenfalls fasst das die Stimmung gut zusammen. Und für Sergeant Brown kommt es immer noch schlimmer. Zunächst wird Slim umgebracht – wir erfahren nicht, von wem –, den seine Mithäftlinge einfach nicht mehr tragen wollen (was aber aufgrund seines gebrochenen Beins nötig war). Sie verbrennen ihn dann und entdecken auch noch das große Geheimnis des Transports: Ihre Ketten sind aus Gold. Gold, das von der Mine, vorbei an den Rednecks und anderen Banditen, nach Fort Green transportiert werden soll. Die Sträflinge sehen sich immer mehr im Vorteil und provozieren Brown weiter. Wir erfahren nun endlich den wahren Grund, warum er dieses Himmelfahrtskommando angenommen hat: Einer von ihnen hat seine Frau, Kathys Mutter, umgebracht. Er weiß nur noch nicht, wer.

Todesmarsch der Bestien - Cut-Throats Nine - Condenados a vivir

Drove she ducklings to the water
Ev’ry morning just at nine
Hit her foot against a splinter
Fell into the foaming brine

Da die Männer sich weigern weiterzumarschieren, erschießt Brown einen von ihnen, Dick Patterson. Nun wird nicht nur uns als Zuschauern, sondern auch Kathy das eigentliche Ziel klar: Rache. Brown scheint wild entschlossen, den Mörder seiner Frau zur Rechenschaft zu ziehen. Ob er darüber hinaus auch noch Interesse an dem Gold hat, scheint mir nicht ganz klar zu sein. Es gibt Indizien dafür, aber nicht genug, um es als sicher gelten zu lassen. Danach geht es weiter. Die Gefangenen vorneweg, Brown mit seiner Tochter in sicherer Entfernung dahinter. Völlig erschöpft, erreicht zunächst die Gruppe der Sträflinge eine verlassene Hütte. Neugierig beobachten sie, dass Brown in unmittelbarer Nähe entkräftet zusammenbricht. Schnitt. Sie haben ihn gefesselt und foltern ihn. Was folgt, war leider abzusehen. Eine scheußliche Szene: Kathy Brown wird von John McFarland, Joe Farrow und Ray Brewster vergewaltigt, was auch der ihr zugeneigte Dean Marlowe nicht verhindern kann.

Then the miner, forty-niner
He began to weep and pine
For his darling, little daughter
Now he’s with his Clementine

Todesmarsch der Bestien - Cut-Throats Nine - Condenados a vivir

Die Sträflinge bringen Brown um, indem sie ihn gefesselt in der Hütte zurücklassen und diese einfach in Brand setzen. In der siebten Rückblende des Films sehen wir, wie seine Frau erstochen wird und auch sie – wohl schon tot – verbrennt.

Kathy und die fünf noch lebenden Männer marschieren weiter. Getrieben von Rache, erdrosselt Marlowe einen ihrer Vergewaltiger, das widerwärtige »Wiesel« McFarland. Der Säufer der Runde, Ray Brewster, versucht sein Glück auf eigene Faust und trennt sich von den anderen. Weit kommt er allerdings nicht. Denn die Rednecks vom Anfang des Filmes greifen ihn auf, doch können auch sie sich nicht lange am Gold erfreuen. In einer etwas grotesken Szene bringen sich die Rednecks und Brewster gegenseitig um.

Todesmarsch der Bestien - Cut-Throats Nine - Condenados a vivir

Doch zurück zur Gruppe rund um Kathy. Die vier erreichen eine Verpflegungsstation, Snake Corral, wo es zu den finalen Konfrontationen kommt. Zunächst werden der Wirt und die drei anwesenden Soldaten beseitigt. Dann ersticht Joe Farrow Dean Marlowe.

Ruby lips above the water
Blowing bubbles, soft and fine
But, alas, I was no swimmer
So I lost my Clementine

Im zehnten und letzten Flashback sehen wir, dass ausgerechnet Marlowe es war, der Kathys Mutter umgebracht hat – eine Erkenntnis, die ihr zumindest erspart bleibt. Kathy ist nun also neben den beiden Sträflingen Farrow und »Dandy Tom« Laurence die einzige Überlebende des wahnwitzigen Unternehmens ihres Vaters.

Todesmarsch der Bestien - Cut-Throats Nine - Condenados a vivir

Aus. Schluss. Vorbei. In einer derartig verrotteten Welt gibt es nicht die geringste Hoffnung – mehr noch, es reicht nicht, sie einfach nur zu »verlassen«. Kathy Brown entdeckt eine Kiste Dynamit und sprengt sich und ihre Peiniger mitsamt der Snake-Corral-Station in einem finalen Akt der Selbstbestimmung in die Luft.

Oh my darling, oh my darling
Oh my darling, Clementine
Thou art lost and gone forever
Dreadful sorry, Clementine

Todesmarsch der Bestien - Cut-Throats Nine - Condenados a vivir

Abgesehen von der unterirdischen Bildqualität der DVD, den offensichtlichen dramaturgischen Schwächen und den übertriebenen Splatter- und Gore-Elementen (die, wie Kevin Grant von Robert Hundar erfahren haben will, erst nachträglich für den US-Markt hinzugefügt wurden), fand ich Condenados a vivir großartig.

Anmerkung:
* Einige Blogger bezeichnen die Banditen als Hippies, weswegen ich diesen Artikel ursprünglich auch in meine diesbezügliche Serie einbauen wollte. Meiner Meinung nach ist das jedoch Unsinn, das sind – also die Banditen, nicht die Blogger – einfach Hinterwäldler, Rednecks.